Nach Angaben in Johannes Bengedans' Kriegsbuch von 1440–1451 soll die Erfindung der Feuerballen erst wenige Jahre zuvor stattgefunden haben.1) Ihr Funktionsprinzip findet sich bereits im sogenannten Feuerwerkbuch von 14202), was vermutlich in Zusammenhang mit der Aussage Bengedans' gesetzt werden kann.
Feuer- oder Lichtballen bestanden aus einem Brandmittelbeutel aus Leinen, der aus einzelnen Stoffsegmenten zusammengenäht und mit brennbarer Masse in verschiedenen Zusammensetzungen gefüllt wurde. Dieser Beutel wurde anschließend mit Seilen fest umstrickt und mit einer Lunte versehen. Abschließend erhielten viele Feuerballen einen Überzug aus Pech, der gegen die Klebrigkeit des Pechs mit Sägespäne oder Schwarzpulver bestreut wurde. Die so präparierten Feuerballen konnten über längere Zeit in den Arsenalen und Zeughäusern für den Ernstfall aufbewahrt werden.
Zahlreiche Autoren empfahlen Feuerballen nur mit einer temporären Füllung aus Sand einzulagern und diese Sandfüllung erst kurz vor der Verwendung gegen die brisante Ladung auszutauschen, da Pulverladungen mit zunehmender Lagerdauer Luftfeuchtigkeit aufnehmen, die ihre Brisanz herabsetzt. Die am häufigsten verwendeten Inhaltsstoffe der Brandmassen waren: Schwefel, Salpeter, Schwarzpulver, Kampfer, Hammerschlag (Eisen(II,III)-oxid), Kolophonium, Harz, Teer, Pech, Sägespäne, Talg, Wachs, Nadelholzspäne und weitere. Viele der erhaltenen Brandmassen waren mit Leinöl oder Pech gebunden. Der einfache Aufbau der Feuerballen und die günstig beschaffbaren Rohstoffe machten auch eine einfache Nachfertigung in Krisenzeiten möglich. Im Ernstfall wurden Feuerballen an den Lunten angezündet und auf den Gegner geworfen. Im Ziel zündeten die Leuchtballen durch und brannten aggressiv nieder, oder sie explodierten und verteilten die klebrige, brennende Masse weiter.3)4)
Neben umstrickten Varianten gab es offensichtlich Brandkugeln, die alleine aus der mit Harz gebundenen Brandmasse bestanden. Der Autor des Feuerwerkbuchs UB Freiburg Ms. 362 vermerkte, dass diese Kugeln lange und sehr hell brennen. Er empfahl beispielsweise, eine brennende Kugel nach einem Büchsenschuss auf den Gegner zu werfen, damit die Büchse in ihrem Schutz in Ruhe nachladen werden konnte.5) Seit dem 16. Jahrhundert waren Feuerballen häufig mit Mordschlägen gespickt, kleinen mit Treibladungen und Projektilen versehene Röhrchen, die beim Zünden der Brandmasse ihre Projektive unkontrolliert verschossen. Diese Mordschläge erhöhten die Gefahr für Gegner, sich den brennenden Feuerballen nähern, um diese zu löschen oder zu entschärfen.3)4) Die wenigen erhaltenen Originale werden unter anderem in den Sammlungen der Veste Coburg, der Historischen Museen Bern und Basel, des Heeresgeschichtlichen Museums Wien, des Bayerischen Armeemuseums Ingolstadt, der Dresdner Rüstkammer sowie des schwedischen Marinemuseums Karlskrona und des Armeemuseums Stockholm aufbewahrt.3)
Aus dem Jahr 1467 vermerkte die Hamburger Kämmerei Ausgaben von "3 ℔ 18 ß dato cuidam, qui fecit probam de vurballe deserviente ad bombardas."6) Ein weiterer Hinweis aus Hamburg enstammt einem Inventar der städtischen Zeughäuser und Festungstürme aus dem Jahr 1642, das zusammen etwa 35 Feuerbälle als "getaufte" oder "ungetaufte Feuerkugeln" in den verschiedenen Bollwerken aufführt.7)
Lichtballen
Lichtballen dienten zur Gefechtsfeldbeleuchtung. Sie waren ähnlich wie Feuerballen aufgebaut und mit verschiedenen Mischungen aus Salpeter und Schwefel und in kleineren Anteilen Kohle, Pech und Spießglanz (Antimon), Schwarzpulver, Harz, gestoßenem Glas und weiteren als "Geschmolzen Zeug" bezeichneten Substanzen gefüllt.3)
Rekonstruktionen
Bei der Nachbildung unserer Feuerballen haben wir uns an den Ergebnissen Alfred Geibigs orientiert, der zahlreiche Versuche durchgeführt und publiziert hat.4) Für den Nachbau eines Feuerballen wird ein stabiler Leinenstoff, Zwirn, zwei geschmiedete Eisenringe, etwa 20 m Hanfseil sowie ein Holzpflock benötigt. Für die Imprägnierung des Ballens sind zusätzlich Leinöl, Bienenwachs, Terpentinöl, Teer oder Pech notwendig. Bei unseren Modellen haben wir statt der brisanten Brand- oder Sprengmischung eine Füllung aus Asche und Sägespäne mit einem ähnlichen Volumengewicht verwendet. Zuerst werden die Segmente des Brandmittelsackes aus dem Leinenstoff geschnitten und miteinander vernäht. Danach kann der Brandmittelsack mit einer Mischung aus Leinöl oder Bienenwachs und Terpentin eingestrichen (imprägniert) werden. Danach wird der Sack gewendet und die vorbereitete Brand- oder Sprengmittelmasse eingefüllt und verdichtet. Bei einigen unserer Modellen haben wir, wie in den historischen Rezepten vorgeschlagen, die Brandmittel durch die Zugabe von Leinöl zu einer trockenen Paste gebunden. Anschließend wird die Öffnung des Brandmittelsackes vernäht. Auf die Pole des Sackes werden die Eisenringe aufgelegt und mit dem Hanfseil durch halbe Schläge vertikal miteinander verbunden. Dabei werden die Knoten auf den Ringen eng zusammen geschoben, bis der Ausgangspunkt wieder erreicht ist. Anschließend werden die vertikal laufenden Stränge horizontal um den Ballen herum umstrickt und eine Tragschlaufe gebildet. Zum Schluss wird die Lunte eingebracht, dazu wird ein ausgehöhltes Holzstück, in dem die Lunte steckt, oben durch den Ring in den Brandmittelsack geschlagen.
Einzelnachweise
- Bengedans (1450): Kapitel 17
- Unter anderem im Feuerwerkbuch der Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., Ms. 362, fol. 85v-86r
- Geibig (2012): S. 73-120
- Geibig (2007)
- Nibler (2005)
- Kämmereirechnungen der Stadt Hamburg: 1401-1470, S. 33434
- Neddermeyer (1832): S. 60-62
Währungssymbole: ℔ talentum (Pfund) / ß solidus (Schilling)
Text und Fotos: Andreas Franzkowiak